Der einstige Fußball-Nationalspieler Harald Irmscher, der aus dem erzgebirgischen Oelsnitz stammt und lange Zeit in Zwickau spielte, wird 75 Jahre alt. Als Trainer arbeitete er mit Auswahlteams und Vereinen in insgesamt fünf Ländern.
Noch immer spielt er leidenschaftlich gern Fußball. Mit den Jenaern Oldies wie zum Beispiel Jürgen Raab, Uli Göhr und Bernd Stange trainiert Harald Irmscher, der am, heutigen Freitag 75 Jahre alt wird, normalerweise jeden Mittwoch. “Leider ist das wegen Corona derzeit nicht möglich. Auf dem Großfeld spiele ich drei- bis fünfmal im Jahr, wenn wir von Vereinen zu Jubiläen eingeladen werden”, erzählt der fitte Rentner und blickt ein bisschen wehmütig zurück: “Mit unserer Traditionsmannschaft hatten wir vor zehn bis 15 Jahren fast 20 Spiele pro Jahr. Doch das ist jetzt vorbei.” Gesundheitlich geht es ihm nach eigenen Angaben gut. Sportlich ist er auch mit seiner Ehefrau Martina sehr aktiv. “Im Winter machen wir viel Langlauf. Im Sommer fahren wir in die Berge und wandern sehr gern. Zudem fahren wir viel Fahrrad”, berichtet der Jubilar.
Harald Irmscher gehörte in der DDR zu den technisch versiertesten Mittelfeldspielern. Nach mehreren Junioren- und Nachwuchs-Länderspielen durfte er als 20-Jähriger im September 1966 unter dem ungarischen Coach Karoly Soos seine Premiere in der A-Nationalmannschaft feiern. Er absolvierte insgesamt 41 Länderspiele für die Nationalmannschaft und weitere zwölf für die Olympiaauswahl. Mit Bronze bei den Sommerspielen 1972 in München war er bei einem der wichtigsten Erfolge dabei.
Einen besonderen Platz nimmt natürlich auch die Teilnahme an der WM 1974 in der BRD mit dem legendären 1:0-Erfolg nach den berühmten Treffern von Jürgen Sparwasser über die Gastgeber ein. “Ich habe beim Abgang Franz Beckenbauer gefragt, ob ich sein Trikot bekommen könnte. Er hat zugesagt, musste aber erst noch zur Dopingkontrolle”, erinnert sich der Sachse noch genau. “Danach kam Franz mit vielen Spielern auf den Gang und in unsere Kabine. Und es gab den Trikottausch”, freut er sich bis heute über das wertvolle Erinnerungsstück an diese Titelkämpfe. Die DDR-Auswahl, zu der auch Torhüter Jürgen Croy, sein früher Gefährte in Zwickau gehörte, belegte am Ende Rang sechs.
Zu jener Zeit spielte Harald Irmscher beim FC Carl Zeiss Jena. Nach 102 Punktspielen in der Muldestadt war er 1968 nach Thüringen gewechselt und erlebte eine sehr erfolgreiche Zeit. Unter Cheftrainer Georg Buschner gewann Jena 1970 den DDR-Meistertitel, unter Hans Meyer 1972 und 1974 den FDGB-Pokal. Im Finale gelang jeweils ein Erfolg gegen Dynamo Dresden. Bis 1976 kickte er für Carl Zeiss, kam auf 202 Oberliga-Partien und 38 Europapokal-Einsätze. Mit Wismut Gera schaffte er 1977 den Aufstieg in die Oberliga und beendete ein Jahr danach seine aktive Laufbahn.
Begonnen hatte Harald Irmscher diese mit acht Lenzen bei Aktivist Karl Liebknecht in seinem Geburtsort Oelsnitz (Erzgebirge). Als 16-Jähriger wechselte er 1962 zur BSG Motor Zwickau. Bei den A-Junioren spielte er bereits mit dem späteren Nationaltorhüter Jürgen Croy sowie Alfons Babik (später u. a. Oberliga für Zwickau und Aue) zusammen. Mit 18 Jahren gab er sein Debüt in der Oberliga-Mannschaft von Zwickau. Am 30. April 1967 gehörte er zu dem Team, das nach einem 3:0-Finalsieg gegen den FC Hansa Rostock den FDGB-Pokal in die Höhe reckte. “Wir waren eine ausgebuffte, routinierte Mannschaft, die richtig gut spielen konnte. Alle waren prima ausgebildet”, denkt Harald Irmscher gern an diese Zeit zurück. “Wir haben von der Kollektivität und Kampfkraft gelebt. Wir hatten eine gute Mischung aus Jung und Alt, exzellente Fußballer in unseren Reihen.” Er nennt vor allem Rainer Franz, Horst Jura, Alois Glaubitz, Peter Henschel und Hartmut Rentzsch. “Die erfahrenen Leute haben dann auch Jürgen Croy und mich an die raue Oberligaluft herangeführt”, meint er.
Nach seinem Abschied als Aktiver stieg Harald Irmscher 1978 gleich ins Trainergeschäft ein. Zunächst arbeitete er als Nachwuchscoach beim FC Carl Zeiss Jena. Dann folgten fünf Jahre als Co-Trainer der DDR-Olympiaauswahl und A-Nationalmannschaft. Später kehrte er für kurze Zeit (1989/90) an seine zweite frühere Wirkungsstätte (BSG Sachsenring/FSV) zurück, betreute danach die zweite Halbserie den FC Vorwärts Frankfurt (Oder). In Zwickau ist der zweifache Vater und zweifache Opa, der in Jena wohnt, nach wie vor gern zu Gast – ob im Stadion, bei Hallenturnieren oder beim Stammtisch mit früheren Wegbegleitern.
“Der Fußball hat sich im Vergleich zu meiner Zeit gravierend verändert. Schnelligkeit und Athletik sind auf einem viel höherem Niveau. Mit Pressing geht man energischer zur Sache. Das Passspiel ist härter geworden, das Umkehrspiel von Abwehr auf Angriff funktioniert ganz anders. Man hat keine Zeit mehr, den Ball in Ruhe anzunehmen und zu schauen. Heute muss man schnelle Lösungen finden”, wertet Harald Irmscher, der noch bis 2019 als Co-Trainer im Ausland arbeitete. Seine letzte Station hieß Syrien, zuvor gab es Einsätze in Zypern, Weißrussland und Singapur – und diese stets an der Seite von Bernd Stange. Nur zwischen 1992 und 2005 nahm sich Harald Irmscher als Inhaber einer Firma für Türen- und Treppenrenovierung beruflich eine Auszeit vom runden Leder.
Harald Irmscher
Geboren: 12. 2. 1946 in Oelsnitz/Erzgebirge.
Stationen als Spieler: 1954 – 1962: Aktivist “Karl Liebknecht” Oelsnitz; 1962 – 1968: BSG Motor Sachsenring Zwickau; 1968 – 1976: FC Carl Zeiss Jena; 1976 – 1978: BSG Wismut Gera.
Oberligaspiele: 330
Tore: 56
Länderspiele: 41 (A-Auswahl); 12 (Olympiaauswahl): 8; Nachwuchs: 8; Junioren: 4.
Erfolge: 1967: FDGB-Pokalsieger mit Zwickau; 1970: DDR-Meister mit Jena; 1972, 1974: FDGB-Pokalsieger mit Jena; 1972: Olympiabronze; 1974: WM-Teilnahme.
Trainerstationen: 1978 – 1983: FC CZ Jena (Nachwuchs); 1983 – 1988: DDR-Olympiaauswahl, Nationalmannschaft (Co-Trainer); 1989 – 1990: BSG Sachsenring/FSV Zwickau; 1991: FC Vorwärts Frankfurt/O.; 2005 – 2007: Apollon Limassol (Co-Trainer); 2007 – 2012: Nationalmannschaft Weißrussland (Co-Trainer); 2013 -2015: Nationalmannschaft Singapur (Co-Trainer); 2018 – 2019: Nationalmannschaft Syrien (C-Trainer).
Bildinfo: Harald Irmscher im Trikot der BSG Motor Sachsenring Zwickau (rechts) während eines Oberligaspiels am 6. November 1965 gegen den SC Karl-Marx-Stadt, das 3:0 endete. Foto: Frank Kruczynski
Ein Beitrag von Reiner Thümmler. Erschienen beim FSV-Medienparter Freie Presse
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